Büro-Alltag
Gerade habe ich wieder mal gelernt, warum Männer einfach besser durchs Leben kommen als Frauen - zumindest im Bezug auf die Pflege ihres Selbstwertgefühls.
Immer wenn Kundentermine anstehen, heißt es für meine männlichen Kollegen Krawattenzwang. Da es bei uns ansonsten eher etwas lockerer zugeht, ist das für die Herren etwas lästig und manche zögern das Umbinden der Krawatte bis zum letzten Moment hinaus. So auch der Kollege, mit dem ich das Büro teile. Gerade verschwand er, um sich zurecht zu machen und kam unverrichteter Dinge zurück. Auf meinen fragenden Blick meinte er nur: "Der oberste Knopf geht nicht zu. Das Hemd ist eingelaufen." Ach so! Der regelmäßige Imbißbesuch in der Mittagspause hat damit natürlich gar nichts zu tun.
Wenn ich das nächste Mal feststelle, dass die Hose, die doch neulich noch so gut passte, nicht mehr zugeht, habe ich auch endlich einen Schuldigen gefunden: Die böse Waschmaschine, die es einfach nicht schafft, die Wäsche passend zu meinen Ernährungsgewohnheiten zu weiten.
Manchmal frage ich mich, welches schlechte Karma ich eigentlich auf mich geladen habe, als dass ich mit so langweiligen Menschen Männern zusammen arbeiten muss. Man sollte doch meinen, dass es sie selber irgendwann mal anödet, sich immer wieder dieselben Sprüche anzuhören. Warum muss man überhaupt eigentlich immer mit einem dummen Spruch antworten? Meine Wenigkeit hat es als einzige Frau in der Abteilung da nicht immer so leicht - ok, das klingt jetzt nach Selbstmitleid und inmitten einer Zickenterror-Bande möchte ich auch nicht arbeiten, aber ich frage mich wirklich, warum Kerle immer dieselben Sprüche machen müssen, die einfach nur unter die Gürtellinie gehen und auch in der Wiederholung nicht witziger werden.
Manchmal möchte man so eine innere Notbremse haben, die einem im richtigen Moment zurück hält bevor man sich verbal schon vergaloppiert hat. Mir gelingt das Tief-Luft-holen-bevor-ich-antworte leider nur selten. Denn sonst hätte ich gestern in einem Telefonat vielleicht folgendes geantwortet anstatt mich aufzuregen:
"Ist doch schön, wenn ihr immer noch Gründe findet, an mich zu denken. Ich hatte euch schon fast vergessen."
oder
"Da kannst Du mal sehen, wir gut Du mir das damals beigebracht hast"
Das wären Antworten an eine Ex-Kollegin gewesen, die nichts besseres zu tun hatte, als in einem Telefonat nach relativ langer Funkstille mehr oder weniger sofort mit Fehlern, die man mal gemacht hat, anzukommen, um dann das ganze nur "als Scherz" abzutun.
Aber so weiß man eben auch, warum man sich unter anderem einen neuen Job gesucht hat.
In unserem Büro gibt es eine Spülmaschine, die von den Menschen, die dort arbeiten eigentlich nicht direkt benutzt wird. Die Kaffeebecher wandern auf wundersame Weise mehrmals die Woche von ganz alleine in die Maschine (Dank des Reinigungsfachpersonals) und stehen (sofern ein Frühaufsteher so nett war) frisch gespült am nächsten Morgen neben der Kaffeemaschine. Die Tage, an denen das nicht passiert, spült man seine Tasse halt von Hand. Das die Maschine auch komplett ausgeräumt werden sollte, sehen nur einige wenige ein, aber was soll's. So kann man sich die Zeit vertreiben, während man mittags auf die Mikrowelle wartet.
So weit so schlecht. Seit dieser Woche verrichtet die Spülmaschine ihre Dienste nur noch teilweise (nach dem Vorspülen ist Schluß - die Spülmaschine ist quasi auf Teilzeit gegangen). Dies hält die guten Geister (= Reinigungskräfte) nicht davon ab, die Tassen in die Minna zu stellen und die Frühaufsteher auch nicht daran, sie neben die Kaffeemaschine zu stellen. Nur sauber sind sie leider nicht.
Heute habe ich es dann doch gewagt, den Frühaufsteher zu fragen, warum er nicht mal bei der zuständigen Stelle Meldung gemacht hat, dass wir ein Problem haben und ob man da nicht mal was unternehmen könnte. Wir machen hier schließlich Software- und nicht Hardware-Support. Ja, das könnte man vielleicht mal tun - nach Androhung von körperlicher Gewalt (ein Leben ohne Spülmaschine geht auf Dauer gar nicht) wurde die Email dann auch auf den Weg gebracht. Und nun heißt es abwarten und von Hand spülen, was für einzelne Becher nicht wirklich schlimm wäre, wenn unsere Miniküche nicht so aussehen würde wie sie eben aussieht. Irgendwie glaube ich ja, dass die regelmäßige Spülmaschinen-Reinigung die schlimmsten Infektionsmöglichkeiten verhindert.
Aber vielleicht wird das Problem auch mit einer Zange gelöst. So ist es jedenfalls mit unserer Mikrowelle geschehen, wie ich heute feststellen musste. Die Zeitschaltuhr dreht durch und damit schaltet sich das Gerät nicht ein. Zieht man den Schaler jedoch ab, kann man mit Hilfe der Zange den Mechanismus blind auf einen Wert stellen und dann darf man sein Essen doch warm genießen. Ich bin aber ziemlich sicher, dass auch hier schon Schlauberger am Werk waren, die mindestens einmal rum gedreht haben, denn anders kann ich mir die 100%ige Steigerung der Verschmutzung der Mikrowelle nicht erklären ("Mikrowellen und ihre Nutzung von mehreren Personen, denen sie aber nicht gehört" ist defintiv ein eigenes Thema).
Ich habe das (zweifelhafte) Vergnügen mit (fast) lauter Männern zusammen zu arbeiten. Es hat natürlich den unschätzbaren Vorteil, keinerlei Zickenkrieg ausgesetzt zu sein, aber dafür sind es halt Männer. Und "unter Männern" muss frau sich ein dickes Fell zulegen. Es fängt damit an, einem männlichen Wesen klar zu machen, warum man die Toilette nicht mit Stehpinklern teilen möchte. Inzwischen benutzen sie die Damentoilette nur in meiner Abwesenheit, was mich in Versuchung führt, die Parole "Jungs, drei Wochen freies Damenklo" zum Abschied an alle zu mailen, wenn ich in Urlaub gehe. Und manchmal würde ich mir folgenden Hinweis wünschen
- und anschließend wird dann auch gerne Kaffee gekocht (nein, davor drücken sie sich nicht). Männer interessiert es auch nur peripher, ob im Kühlschrank etwas zu neuem Leben erwacht ist. Und auch sonst scheinen sie alle zu Hause jemanden zu haben, der ihnen hinter her räumt. Wenn man aber tatsächlich mal in die heimische Umgebung eines Kollegen eindringt, sieht das ganze schon anders aus.